Für POIS gibt es noch immer keine aussagekräftigen Biomarker. Bei der POIS-Diagnose handelt es sich somit um eine klinische Diagnose. Dies erschwert die Diagnose ungemein. Bei vielen Betroffenen sind z.B. Hormon- und Entzündungswerte vor und nach dem Samenerguss im Normalbereich. Viele Patienten werden deshalb nicht ernst genommen oder zum Therapeuten verwiesen. So kann es Jahre dauern, bis man als Betroffener medizinische Hilfe bekommt.

Diagnostische Kriterien

Der niederländische Sexualmediziner Marcel D. Waldinger hat in einer Studie¹ aus dem Jahr 2002 erstmals auf POIS hingewiesen. Im Jahr 2011 folgte die erste großangelegte POIS-Studie² an 45 niederländischen Männern. Waldinger definiert darin fünf diagnostische Kriterien zur Erkennung von POIS.

Erweiterung der diagnostischen Marker um
nicht-grippeähnliche und psychische Symptome

Aufbauend auf diesen Kriterien konnten Rosetti et al.³ die diagnostischen Marker in einer Studie von sechs Männern um zahlreiche nicht-grippeähnliche Symptome ergänzen. Sie fanden außerdem Hinweise auf die Entwicklung von Symptomen allein durch sexuelle Erregung und stellten bei der Mehrzahl der Patienten eine Komorbidität (das gleichzeitige Auftreten mehrerer Erkrankungen nebeneinander) mit Umweltallergien und psychiatrischen Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen fest. Dagegen fanden sie in den Blutwerten keine Hinweise auf eine allergische Reaktion.

In der folgenden Tabelle findet Ihr eine Übersicht der von Rosetti et al. identifizierten Diagnosemarker und Komoborditäten bei sechs Patienten:

Drei von sechs Patienten hatten eine Vorgeschichte von Depressionen oder Angstzuständen. Vier Patienten litten unter Umweltallergien, was im Einklang mit den Ergebnissen anderer Studien steht. Kein Patient berichtete von ähnlichen Symptomen in der Familie. Bei allen Patienten traten die Symptome unmittelbar nach jeder Ejakulation auf, sei es nächtlicher Samenerguss oder sexuelle Stimulation durch sich selbst oder durch den Partner. Bei zwei Männern der Stichprobe dauerten die Symptome länger als sieben Tage.

Die am häufigsten vorkommenden Symptomcluster in der Patientengruppe waren Kopf-, Allgemein- und Muskelsymptome, was laut den Autoren mit den Befunden in größeren Stichproben übereinstimme. Alle Patienten berichteten über extreme Müdigkeit nach der Ejakulation, und fünf von sechs Patienten berichteten über Muskelschwäche. Drei von sechs beschrieben in früheren Studien nicht genannte Symptome wie erhöhten Hunger, Kälteunverträglichkeit, vergrößerte Lymphknoten und Gedächtnisstörungen.

Weiter zu den POIS-Behandlungsansätzen

1. Waldinger, M. D., & Schweitzer, D. H. (2002). Postorgasmic Illness Syndrome: Two Cases. Journal of Sex & Marital Therapy, 28(3), 251–255. ↩︎
2. Marcel D. Waldinger, Marcus M.H.M. Meinardi, Aeilko H. Zwinderman, Dave H. Schweitzer, Postorgasmic Illness Syndrome (POIS) in 45 Dutch Caucasian Males: Clinical Characteristics and Evidence for an Immunogenic Pathogenesis (Part 1), The Journal of Sexual Medicine, Volume 8, Issue 4, April 2011, Pages 1164–1170. ↩︎
3. Leah Rosetti, Amin Kanani, Luke Witherspoon, Ryan Flannigan, Stacy Elliott, Case series: expanding diagnostic markers in postorgasmic illness syndrome, Sexual Medicine, Volume 11, Issue 2, April 2023, qfac021 ↩︎
4. ebd. ↩︎