Für POIS gibt es aktuell keine Heilung. Da der Ursprung der Krankheit noch völlig ungeklärt ist, können lediglich die Symptome behandelt werden. Dies verschafft zumindest Erleichterung im Alltag und ermöglicht Betroffenen, ihre Sexualität – wenn auch eingeschränkt – auszuleben.

Vermutet wird bei POIS eine allergische Reaktion oder eine Auto-Immunreaktion auf die körpereigene Samenflüssigkeit oder bestimmte Rezeptoren, die bei der Ejakulation eine Rolle spielen. Der Körper reagiert darauf an verschiedenen Stellen (z.B. Hals, Nase, Auge, Muskeln, Gehirn) mit Entzündungsreaktionen.

Behandelt wird POIS daher überwiegend mit entzündungshemmenden Schmerzmitteln, Anti-Histaminen oder Immunsuppressiva (z.B. Kortison), die auch bei anderen Auto-Immunerkrankungen eingesetzt werden. Auch Antidepressiva der Kategorie SSRI kommen zum Einsatz. Daneben gibt es auch einige andere Ansätze, die wir Euch unten vorstellen.

Hyposensibilisierung mit eigener Samenflüssigkeit

In einer Studie von Waldinger mit zwei holländischen Männern wurde eine Hyposensibilisierung mit körpereigener Samenflüssigkeit durchgeführt. Die Flüssigkeit wurde dabei über mehrere Monate unter die Haut gespritzt und die Konzentration Schritt für Schritt erhöht. Beide Studienteilnehmer beschrieben eine Linderung ihrer POIS-Symptome um 60 beziehungsweise 90 Prozent.1 Auch Wrotynska-Barczynska et al. haben über 14 Monate eine Hyposensibilisierung bei einem 34-jährigen Patienten durchgeführt und konnten dessen Symptome lindern.2

Antihistamine

Ein 27-jähriger Patient, der nach der Ejakulation Grippesymptome entwickelte, wurde in einer Studie von Shanholtzer et al.3 erfolgreich mit dem Antihistamin Fexofenadyn behandelt . Durch die tägliche Einnahme des Medikaments konnten seine Symptome um 90 Prozent reduziert werden.

Antiallergika

McLean-Tooke und Kinken4 konnten in einer Studie an einem 25-jährigen Mann Erfolge mit dem Antiallergikum Xolair erzielen, das unter anderm bei allergischem Asthma angewendet wird. Der Patient, der nach dem Samenerguss unter Übelkeit und kognitiven Problemen litt, wurde über drei Monate behandelt und stellte eine deutliche Linderung seiner Symtpome fest.

Alpha-Blocker

Ein Forscherteam um Pierce5 behandelte einen 28-jährigen Patienten über mehrere Monate mit den Alpha-Blocker Alfuzosin und erzielte damit gute Ergebnisse. Der Patient litt nach dem Samenerguss über mehrere Tage unter starker Erschöpfung, Lethargie, Muskelschmerzen und Magen-Darm-Problemen. Außerdem gehörten Mundtrockenheit und trockene Augen zu seinen Symptomen. Nahezu alle Symptome hatten sich durch die Therapie mit dem Alpha-Blocker abgeschwächt oder waren verschwunden. Aufgrund der Wirksamkeit von Alpha-Blockern stellen die Autoren die Hypothese auf, dass es sich bei POIS um eine Dysfunktion des sympathischen Nervensystems handelt.
Auch Reisman6 hat in einer Studie mit 14 Männern mit dem Alpha-Blocker Silodosin gute Erfolge beschrieben. Das Medikament, das Anejakulation verursacht, war bei 57 Prozent der Patienten wirksam. Die Mehrheit der Patienten hatte nur ein Symptom gemeinsam – extreme Müdigkeit. Die häufigsten Beschwerden waren Druck bzw. Schweregefühl im Kopf, verstopfte Nase und Muskelverspannungen. Alle Patienten litten unter mehr als einem Symptom.

humanes Choriongonadotropin / Testosteron

Bolanos und Morgenthaler7 behandelten einen 25-jährigen Mann mit humanem Choriongonadotropin (hcG). Das Hormon hcG regt die körpereigene Testosteronproduktion an. Der Patient klagte seit dem 16. Lebensjahr nach jeder Ejakulation über Angst, Erschöpfung, Brainfog und Wortfindungsprobleme. Die Symptome setzen sofort nach dem Samenerguss beziehungsweise nach 2-3 Tagen ein und dauerten 1-2 Wochen. Ernährungsumstellungen, und die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln und Antihistaminen waren zuvor ohne Erfolg. Nach sechs Wochen waren alle seine Symptome verschwunden. Nach weiteren sechs Monaten Therapie war der Patient noch immer nahezu symptomfrei. Er masturbierte mehrmals pro Monat und beschrieb lediglich leichte Symptome über circa zwölf Stunden, die ihn im Alltag nicht beeinträchtigten.

Entfernung der Nebenhoden nach Nebenhodenentzündung

Jang et al.8 konnten die Symptome eines 42-jährigen Chinesen durch Entfernung des Nebenhodens lindern. Der Patient klagte nach jedem Samenerguss über Grippesymptome, Erschöpfung, Herzrasen, Wortfindungsstörungen, Konzentrationsprobleme, Depressionen, schwere Beine und Hautausschlag. Die Symptome traten dabei erst seit zwei Jahren auf. Die Grippesymptome entwickelten sich 1-2 Stunden nach dem Samenerguss, alle weiteren Symptome bis zu 24 Stunden später. Alle Symptome erreichten nach 1-2 Tagen ihren Höhepunkt und verschanden dann spontan. Schmerzmittel und Immunsuppressiva halfen dem Patienten nicht im gewünschten Maße. Eine gründliche Untersuchung ergab eine Nebenhodenentzündung., woraufhin die Nebenhoden entfernt wurden und die Symptome weitestgehend verschwanden.

Nahrungsergänzungsmittel, Yoga und Meditation

Viele Betroffene greifen außerdem auf Nahrungsergänzungsmittel zurück, welche das Immunsystem stärken, entzündungshemmend wirken oder Müdigkeit vorbeugen sollen. Die Wirksamkeit ist aber umstritten. Auch Yoga und Meditation sind Ansätze, die zur Linderung der Symptomatik eingesetzt werden.

Sterilisation offenbar keine Lösung

Waldinger9 berichtet in einer Studie aus dem Jahr 2015, dass drei Männner POIS-Symptome sowohl vor als auch nach ihrer Sterilisiation entwickelt haben. Dies lässt vermuten, dass die Entzündungen nicht durch Sperma, sondern Samenflüssigkeit verursacht wird, die auch nach der Sterilisation vom Körper produziert wird.

Kleine Fallstudien: Ergebnisse nicht Verallgemeinerbar
Bei der Mehrheit der oben geschilderten Studien handelt es sich um Fallstudien mit nur ein oder zwei Probanden. Studien mit größeren, d.h. aussagefähigen Samples fehlen leider noch immer, sodass die Ergebnisse nicht verallgemeinerbar sind. Zu beachten ist auch, dass die Art der Symptome und der Krankheitsverlauf von Mann zu Mann unterschiedlich sein können und daher auch für jeden Fall eine andere Therapieform geeignet sein könnte.

Eine Übersicht über die aktuelle Forschung inklusive der oben beschriebenen Studien findest Du auf unserer Seite unter Fachliteratur.





In Internet-Foren und Chatgruppen kursieren diverse Behandlungsansätze und Selbstversuche, um POIS in den Griff zu bekommen.

Wir warnen an dieser Stelle ausdrücklich davor, POIS ohne ärztliche Begleitung zu behandeln.

Jeder Krankheitsverlauf ist individuell und möglicherweise sind auch die Ursachen multifaktoriell. Es gibt daher kein Patentrezept gegen POIS. Was einem Betroffenen hilft, kann bei einem anderen großen Schaden anrichten. Und so lange der Ursprung von POIS nicht klar ist, ist auch von folgenschweren operativen Eingriffen abzuraten.

Bitte besprecht mit Eurem Arzt eine mögliche Therapie und nehmt Medikamente und andere Substanzen nur in ärztlicher Begleitung.

Wir helfen Euch gerne dabei, Euch an einen erfahrenen Arzt im deutschsprachigen Raum zu vermitteln, der die Erkrankung kennt und Euch ernst nimmt.

Meldet Euch unter:

Gemeinsam gegen POIS.

  1. Marcel D. Waldinger, Marcus M.H.M. Meinardi, Dave H. Schweitzer, Hyposensitization Therapy with Autologous Semen in Two Dutch Caucasian Males: Beneficial Effects in Postorgasmic Illness Syndrome (POIS; Part 2), The Journal of Sexual Medicine, Volume 8, Issue 4, April 2011, Pages 1171–1176 ↩︎
  2. Joanna Wrotynska-Barczynska, Edyta Swat, Anna Berger, Leszek Pawelczyk, Piotr Jedrzejczak, Intensified Hyposensitization Is an Effective Treatment of Postorgasmic Illness Syndrome (POIS), Sexual Medicine, Volume 10, Issue 2, April 2022, Page 100474 ↩︎
  3. Andrew Shanholtzer, Jacob R. Stephens, Carl Lauter, Kenneth M. Peters, Post orgasmic illness syndrome successfully managed with antihistamine: A case report, Urology Case Reports, Volume 45, 2022, 102189 ↩︎
  4. McLean-Tooke, A., & Klinken, E. (2023). Post-Orgasmic Illness Syndrome Successfully Treated with Omalizumab: A Case Report. Journal of Sex & Marital Therapy, 50(3), 342–345. ↩︎
  5. Pierce, H., Fainberg, J., Gaffney, C., Aboukhashaba, A., Khan, A., & Kashanian, J. (2020). Postorgasmic illness syndrome: potential new treatment options for a rare disorder. Scandinavian Journal of Urology, 54(1), 86–88. ↩︎
  6. Reisman, Y. Clinical experience with post-orgasmic illness syndrome (POIS) patients—characteristics and possible treatment modality. Int J Impot Res 33, 556–562 (2021) ↩︎
  7. Bolanos J, Morgentaler A. Successful treatment of Post-orgasmic illness syndrome with human chorionic gonadotropin. Urol Case Rep. 2019 Nov 22;29:101078. ↩︎
  8. Huang TB, Yu JJ, Du YJ, Liu ZY. Novel treatment for post-orgasmic illness syndrome: a case report and literature review. Asian J Androl. 2022 May-Jun;24(3):332-334. ↩︎
  9. Waldinger MD. Post orgasmic illness syndrome (POIS). Transl Androl Urol 2016;5(4):602-606. ↩︎

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